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Hadjidakis für den guten Zweck


Fünf renommierte Künstlerinnen und Künstler führen in einem musikalisch-literarischen Abend durch das Leben und Werk des großen griechischen Komponisten Manos Hadjidakis im Rahmen eines Benefizkonzertes, das am 10.11.2018 in der Allerheiligen Kirche in München stattfindet. Der Gewinn des Abends geht zu Gunsten der Sozialklinik Ellinikó in Athen.

Alle Informationen über die Veranstaltung enthalten Sie hier:


Das Programm "Papiermond", dessen Titel einem bekannten Lied von Hadjidakis entstammt, bietet ein umfassendes Porträt mit bekannten Songs des Künstlers.


Doch wer war Hadjidakis? Was wissen wir über ihn?


Ethno News hat für alle Interessierten seinen selbstverfassten Lebenslauf ins Deutsche übersetzt

Über den großen Manos Hadjidakis


Ich wurde am 23. Oktober 1923 geboren, in der Stadt Xanthi - und zwar in der erhalten gebliebenen Altstadt - nicht in der Ungeheuerstadt, die nachher von den innerstaatlichen Migranten unseres Landes errichtet wurde. Damals hat die Koexistenz einer Kopie der „Belle Époque“ und der authentischen türkischen Minarette unsere Gesellschaft mit Farbe und Sinn erfüllt.


Es war eine bunte Zusammenkunft aus allen Ecken des hellenischen Raumes, die sich zufällig in einer Grenzregion versammelt hatte. Man sah, wie diese friedliche Koexistenz auf den Marktplätzen Charleston tanzte...


Als ich meine Augen öffnete, sah ich verwundert viele Leute auf meine Erscheinung warten (auch weiterhin habe ich mich gefragt, ob sie nicht etwa mit einer verspäteten Ankunft gerechnet hatten). Meine Mutter stammte aus Adrianoupolis, sie war die Tochter von Konstantinos Arwanitidis; mein Vater aus Myrthio bei Rethymno, Kreta. Ich bin ein Erzeugnis zweier Menschen, die meines Erachtens niemals außer dem Augenblick, - als meine Hervorbringung von ihnen entschieden wurde – zusammengearbeitet haben.


Darin liegen nämlich die meiner Natur verwurzelten tausend Schwierigkeiten und alle Kalamitäten meiner Welt. Aber mein bürgerliches Selbstverständnis - gemeinsam mit meiner als „europäisch“ bezeichneten Bildung - haben mich, jedoch, später in beachtliche Höhen katapultiert.


Während unseres Aufenthalts in Xanthi habe ich versucht, meine Eltern gründlich kennen zu lernen und meine Schwester verschwinden zu lassen. Beides ist mir misslungen. So sind wir im Jahre 1932 nach Athen gezogen, nachdem nicht imstande war, meinen Misserfolg ins Vergessen zu bannen.


Mein Lebens- und Bildungsweg nahmen in der Hauptstadt ihren Anfang, wobei ich parallel auch die Liebe und die dichterische Tätigkeit meiner Zeit studierte. Ich habe eine Bildung in attischer Tradition erhalten. Und das noch in jener Zeit, als es an unserem Ort sowohl Attika als auch Bildung gab. Unter den Einflüssen, die mich am stärksten prägten, waren der gedichtete Roman „Erotokritos“, der General Makrygiannis, die Fix-Werkstätte, der Charalampos von Byzanz, das feuchte Klima von Thessaloniki und unbekannte Personen, die ich zufällig kennenlernte und die mir auch in den darauffolgenden Jahren unbekannt geblieben sind.


In der Besatzungszeit ist mir bewusst geworden, wie nutzlos der Musikunterricht war und wie er mich hinterlistig von meinen anfänglichen Zielen weggeführt hatte; diese waren: zu kommunizieren, durchzudringen und zu verschwinden. Deswegen habe ich gleich nach der Besatzung mit diesem Unterricht Schluss gemacht. So habe ich nicht an der Musikakademie studiert.


Infolgedessen bin ich der Möglichkeit entronnen, den Mitgliedern des Griechischen Nationalen Musikverbands gleich zu werden. Ich habe Gedichte und viele Lieder geschrieben, habe mich besonders darin geübt, meine Ansichten auf demokratische Weise durchzusetzen, eine Fertigkeit, die mir übrigens großen Nutzen gebracht hat, da ich in den letzten Jahren zum Angestellten wurde. Mit tiefstem Abscheu habe ich mich von allem, was mein Liebesgefühl oder meine persönliche Empfindsamkeit verletzte, ferngehalten.


Ich bin viel gereist. Dies hat mir geholfen, wahrzunehmen, dass die Dummheit kein Unikat unseres Ortes war - wie es wohl die griechischen Chauvinisten und die Liebhaber des Vaterländischen stolz behaupten und ständig beweisen möchten. Gleichzeitig habe ich entdeckt, dass die Personen, die mich interessierten, unbedingt Griechisch sprechen sollten, da die Kommunikation in einer Fremdsprache qualvoll war und meine halbe Identität verschwinden ließ.


Im Jahre 1966 bin ich in den USA gelandet. Dort lebte ich etwa sechs Jahre, während der Diktatur, aus rein steuerrechtlichen Gründen. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass ich dem Staat ca. dreieinhalb Millionen schuldete. Nachdem meine Schulden abbezahlt waren, kam ich um 1972 zurück und gründete ein Café namens „Polytropon“, das bis zum Regierungswechsel im Jahr 1974 Bestand hatte. Leider musste ich es dicht machen, da die Zeit nun von Stadien und großen nationalen Unterhaltungsmaßnahmen geprägt war. Ich habe meine Gelassenheit behalten und keine Volks- und Widerstandstänze in Sporthallen und von Jugendlichen erfüllten Stadien aufgeführt. Nach der Schließung von „Polytropon“ standen in meiner Bilanz ungefähr dreieinhalb Millionen in roten Zahlen – für mein Privatleben scheint es eine schicksalhafte Nummer zu sein.


Ab 1975 fing für mich eine glorreiche Zeit an, die man als Anstellungszeit bezeichnen könnte, in der ich breiten Kreisen eines schlecht informierten und selbstverständlich griechischen Publikums bekannt wurde, und zwar als ein unversöhnlicher Feind der griechischen Musik, der griechischen Musiker und der ebenfalls griechischen Kultur. Nach dieser Periode und einem erfolglosen Herzinfarkt habe ich versucht, schon wieder vergebens, meine kostenaufwendigen Café-Ideen zu verwirklichen... Mal bei der ERT (griechischer Staatssender), mal beim Kultusministerium.


Mein Vorhaben: meine Ansichten auf demokratische Weise durchzusetzen. Diese beiden Organisationen aber, die von ihrer Entstehung an morsch und zerfressen waren, haben es geschafft, mir erfolgreich Widerstand zu leisten und mich (wie man zu sagen pflegt), „haushoch zu schlagen“. Trotz alledem wurde gerade in jener Zeit der Dritte Radiosender hervorgebracht, der sich auch im Lande etabliert hat.


Und so lautet die Schlussfolgerung meines Lebens bis jetzt wie folgt:


Gleichgültig stehe ich dem Ruhm gegenüber. Er hält mich gefangen in einem Rahmen, der von ihm und nicht von mir bestimmt wird.


Ich glaube an jenen Gesang, der unsere Seele enthüllt und uns Ausdruck verleiht. Und nicht an solchen, der unseren oberflächlichen und gewaltsam erworbenen Gewohnheiten schmeichelt.


Ich verachte alle diejenigen, die nicht auf Überprüfung und geistige Jugendlichkeit abzielen, die leichtsinnig „prominenten“ Politiker und Künstler, die vertrauensseligen Gleichaltrigen von mir, die dunkle und verdächtige Journaille und die Obszönität jeder Art.


So ist es mir gelungen, meine seit Kinderzeit verletzte Persönlichkeit zu vollenden, „Lotterie im Himmel„ zu verkaufen und den Respekt von Jüngeren hervorzurufen, da ich ein echter Grieche und ein Megalos Erotikos (Liebesgott) geblieben bin.


(November 1980 - März 1981)

© Ethno News by Jopa / German Translation

Über die Veranstalter

Der gesamte Gewinn der Benefizveranstaltung geht zugunsten der sozialen Klinik Ellinikó, die in Athen seit Jahren überlebenswichtige leistet. Seit Dezember 2011 wurden in der Sozialklinik über 64.000 Menschen untersucht und 7.366 Patientinnen und Patienten kostenlos behandelt. Neben der kostenlosen Medikamentenausgabe liegt ihr Schwerpunkt derzeit auf Vorsorgeuntersuchungen. Darüber hinaus unterstützt sie auch regelmäßig kommunale Krankenhäuser mit medizinischem Material sowie technischen Geräten.


Die soziale Klinik Ellinikó hat sich 2011 im Zuge der griechischen Wirtschaftskrise u.a. auf Initiative des Kardiologen Dr. Giorgos Vichas gegründet und wird seitdem vollständig ehrenamtlich und durch Sachspenden getragen. Hunderte Menschen, vom ärztlichen bis zum Pflegepersonal, arbeiten hier ehrenamtlich und in den meisten Fällen neben ihrer normalen Beschäftigung. Mittlerweile hat sich in Griechenland ein ganzes Netzwerk von sozialen Praxen und Apotheken etabliert, um die Krisenfolgen im Gesundheitssektor zumindest annähernd auffangen zu können.


Im Jahr 2013 hat Kalliopi Brandstäter in Hamburg den „Förder- und Freundeskreis Ellinikó“ ins Leben gerufen, um in Deutschland Sach- und Geldspenden für das solidarische Gesundheitssystem in Griechenland zu sammeln und damit vor Ort die sozialen Praxen und Apotheken zu unterstützen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen dieser Art in ganz Europa.


Sowohl die soziale Klinik in Athen als auch der Förder- und Freundeskreis in Hamburg sind Praxispartner in dem im Februar 2018 angelaufenen Forschungsprojekt "Transnationale Praktiken der Solidarität" (Leitung u.a. Prof. Dr. Stephan Lessenich, LMU München).


Mit dem Benefizkonzert wollen die beteiligten Forscherinnen und Forscher einen praktischen Beitrag im Sinne ihres Projekttitels und über ihre wissenschaftliche Auseinandersetzung hinaus leisten.


Event Planner: KriKri Productions

© Schattenfotograf Hartmut Heller, 2012/13


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